Nach einem heftigen Streit in der SPD-Fraktion haben Verteidigungsminister Boris Pistorius, Fraktionsvize Siemtje Möller und Abgeordneter Falko Droßmann in einem gemeinsamen Brief versöhnliche Töne angeschlagen. Sie betonen die Priorität der Freiwilligkeit beim neuen Wehrdienst und zeigen sich offen für einen Kompromiss mit der Union. Das Ziel ist, dass das Wehrdienstgesetz zum 1. Januar 2025 in Kraft tritt.
Der Streit um den neuen Wehrdienst eskalierte in den vergangenen Tagen, insbesondere in einer SPD-Fraktionssitzung zu Beginn der Woche. Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte sich für eine Musterung aller jungen Männer eingesetzt, um die Bundeswehr zu stärken. Fachpolitiker von Union und SPD, darunter Siemtje Möller, schlugen hingegen ein Losverfahren vor, um bei zu wenigen Freiwilligen geeignete Kandidaten zufällig auszuwählen.
In einem Brief an die SPD-Fraktion, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, klären Pistorius, Möller und Droßmann die Lage: «Der Grundsatz der Freiwilligkeit steht an erster Stelle und bleibt leitend für unser weiteres Handeln». Sollten sich nicht genug Freiwillige melden, «müssen wir klare gesetzliche Regelungen für etwaige Verpflichtungen schaffen». Sie unterstreichen, dass darüber der Deutsche Bundestag entscheidet. Die Drei sind überzeugt, gemeinsam mit der Union einen zeitgemäßen Wehrdienst zu entwickeln.
In der ersten Lesung im Bundestag am Donnerstag zeigten Abgeordnete beider Regierungsfraktionen Kompromissbereitschaft. CSU-Politiker Alexander Dobrindt betonte in der ZDF-Sendung «Maybrit Illner», dass alle Beteiligten Interesse an einem Kompromiss haben: «Dass da aber noch ein bisschen Zeit vergeht und noch ein paar Hürden kommen, das sehe ich auch».
Kritik kommt von außen. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer nannte das Verfahren im «Spiegel» ungeeignet: «Das geht alles so nicht». Der Präsident des Reservistenverbands, Patrick Sensburg, lehnt das Losverfahren ab: «Das klingt, wie wer den Kürzeren zieht». Er plädiert für ein Nachrückverfahren nach Qualitätskriterien und sieht das Wehrdienst-Modernisierungsgesetz als wichtigen Schritt für die Sicherheit. Schüler-Union-Chef Manuel Stroh fordert mehr Planbarkeit: «Junge Menschen wollen ihre Zukunft verlässlich planen können».