Pistorius wehrt sich gegen Vorwürfe im Wehrdienststreit

Verteidigungsminister Boris Pistorius hat Vorwürfe der Union zurückgewiesen, seinen Gesetzentwurf zum Wehrdienst sabotiert zu haben. Trotz eines eskalierenden Streits in der Koalition will die Regierung den Entwurf am Donnerstag in den Bundestag einbringen. Der Konflikt dreht sich um Änderungen am Freiwilligkeitsprinzip und ein umstrittenes Losverfahren.

Der Streit um das Wehrdienstgesetz hat in der deutschen Koalition eskaliert. Am Dienstagabend wies Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) Vorwürfe der Union zurück, einen Kompromiss zwischen SPD- und Unionsfraktionen torpediert zu haben. »Ich torpediere nicht, und ich bin auch nicht destruktiv«, sagte er dem »Tagesspiegel«. Er kritisierte Änderungen an zwei zentralen Stellen seines Entwurfs, bevor dieser offiziell in den Bundestag eingebracht wird.

Das Kabinett hatte sich im August auf Pistorius' Gesetzentwurf verständigt, der zunächst auf Freiwilligkeit bei der Rekrutierung setzt. Die Union drängte jedoch auf eine automatische Wehrpflicht, falls nicht genug Freiwillige gefunden werden. SPD und Union einigten sich in Verhandlungen auf einen Kompromiss, der eine Pressekonferenz am Dienstagnachmittag vorsah. Diese platzte jedoch, da in der SPD-Fraktion Widerstand gegen ein Losverfahren zur Auswahl von Musterungspflichtigen aufkam. Pistorius soll dort gegen die Einigung gestimmt haben.

Trotz des Konflikts hält die Koalition am Zeitplan fest. Ein SPD-Fraktionssprecher betonte: »Das Parlament ist der richtige Ort, um offene Fragen bei so einem wichtigen Gesetz zu klären.« CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann erklärte in der ZDF-Sendung »Markus Lanz«: »Wir wollen unbedingt in dieser Woche in die erste Lesung.« Unionsfraktionsvize Norbert Röttgen attackierte Pistorius scharf: »Ich kann nicht verstehen, wie man einen Gesetzgebungsprozess als Verteidigungsminister derart torpedieren und sich so destruktiv verhalten kann«, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Der Grünen-Sprecherin Sara Nanni zufolge tun sich in der Koalition »Abgründe auf«.

Hintergrund ist der Bedarf der Bundeswehr an 80.000 zusätzlichen Soldaten. Aktuell dienen etwa 183.000 aktive Soldaten; bis Anfang der 2030er-Jahre sollen es 260.000 werden. Die Reform wird durch die verschärfte Bedrohungslage aufgrund des russischen Kriegs in der Ukraine begründet. Pistorius warnte vor Zeitverlusten und forderte flächendeckende Musterungen ab 2027.

Diese Website verwendet Cookies

Wir verwenden Cookies für Analysen, um unsere Website zu verbessern. Lesen Sie unsere Datenschutzrichtlinie für weitere Informationen.
Ablehnen