Während Frankreich sich den Wahlen nähert, untersucht ein neuer Atlas die Wahlbesonderheiten in den Überseegebieten. Unter der Leitung von zwei Spezialisten hebt das Buch lokale Probleme und Autonomieforderungen hervor. Es unterstreicht die atypischen Wahlverhaltensweisen der 2 Millionen Übersee-Wähler.
Der 'Atlas des outre-mer', veröffentlicht von Autrement (96 Seiten, 24 Euro), wird koordiniert von Fred Constant, Professor für Politikwissenschaft an der Université des Antilles, und Jean-Christophe Gay, Professor für Geographie an der Université Côte d’Azur. Mit Beiträgen zahlreicher Experten und kartografischer Inszenierung von Aurélie Boissière erforscht das Buch die internationalen, historischen, politischen, sozioökonomischen und umweltbezogenen Dimensionen dieser Gebiete.
Die Autoren bemerken, dass 'l’outre-mer reste une notion exogène étrangère à ceux qui en sont originaires' (Übersee bleibt ein exogener Begriff, der seinen Ursprünglichen fremd ist). Unter den 49 Millionen nationalen Wählern im Jahr 2024 unterscheiden sich die 2 Millionen Übersee-Wähler oft von denen im Festlandfrankreich, wie Fred Constant erklärt. Lokale Probleme dominieren, mit der Neudefinition der Beziehungen zum Staat als Hintergrund, die von variabler Autonomie bis hin zur vollständigen Unabhängigkeit reichen.
Die Krisen des Jahres 2024 illustrieren diese Spannungen: Unruhen wegen der Lebenshaltungskosten in Martinique, Unsicherheit und Zyklon in Mayotte, Unabhängigkeitsaufstand in Neukaledonien. Die Wahlenthaltung ist strukturell höher bei allgemeinen Wahlen (präsidentiell, europäisch), aber niedriger bei territorialen Wahlen im Vergleich zum Festland. Ein gemeinsamer Punkt ist die Mehrheitsabstimmung für Marine Le Pen in der Stichwahl der Präsidentschaftswahl 2022 in den Antillen und Guyana.
Allerdings bleiben die Wahlgeschehnisse autonom. In Martinique im Jahr 2022 spiegelte der drastische Rückgang der Stimmen für Emmanuel Macron eine Sanktion für die Bewältigung des Chlordécone-Skandals und der Covid-19-Pandemie wider, nicht jedoch eine Zustimmung zu den Thesen von Marine Le Pen, wie die Autoren feststellen. Dieser Atlas bietet einen pädagogischen Überblick über die politische Komplexität der Überseegebiete vor dem Wahlzeitraum.