Mehrheit der Deutschen lehnt Losverfahren für Wehrdienst ab

Eine Forsa-Umfrage zeigt, dass 76 Prozent der Deutschen ein Losverfahren zur Auswahl von Wehrpflichtigen als ungerecht empfinden. Besonders unter potenziell Betroffenen wie jungen Männern gibt es gemischte Meinungen. Der Streit um das Verfahren belastet die Koalition.

Laut einer Umfrage des Instituts Forsa im Auftrag des Magazins stern halten 76 Prozent der Befragten ein Losverfahren für die Auswahl von Wehrdienstleistenden für ungerecht. Nur 21 Prozent sehen es als gerecht an, drei Prozent gaben keine Auskunft. Die Ablehnung ist quer durch alle Altersgruppen und Parteien hinweg stark: Unter Union-Wählern sind 65 Prozent dagegen, bei SPD-Anhängern 75 Prozent, bei Linken 78 Prozent, Grünen 81 Prozent und AfD 84 Prozent.

Besonders interessant ist die Haltung junger Männer im Alter von 18 bis 29 Jahren, die potenziell betroffen wären: Hier unterstützen 34 Prozent das Losverfahren als gerecht. Die Umfrage wurde am 16. und 17. Oktober 2025 mit 1.000 Personen durchgeführt.

Der politische Hintergrund: Kürzlich einigten sich die Fraktionen von Union und SPD auf Eckpunkte für ein Wehrdienstgesetz, falls nicht genug Freiwillige für den Ausbau der Bundeswehr gefunden werden. Darin war ein Losverfahren enthalten, das die Union vorschlug. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) lehnte dies jedoch ab und setzte auf Freiwilligkeit sowie eine flächendeckende Musterung aller jungen Männer, um die Truppenfähigkeit zu sichern. Die Union bezweifelt, dass allein durch Freiwilligkeit genügend Personal gewonnen werden kann, und fordert klare Anwerbeziele mit Fallback-Mechanismen.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) äußerte Verärgerung über den Koalitionsstreit: „So etwas darf sich nicht wiederholen“, sagte er nach einer CDU-Klausurtagung. „Dieser Streit verdeckt, was die Bundesregierung eigentlich in den letzten Monaten richtigerweise schon auf den Weg gebracht hat.“

Kritik am Losverfahren kommt auch von Experten. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Europaparlament, warnte: „Deutschland dürfe nicht 'auf Zufall verteidigt werden'.“ Der ehemalige Wehrbeauftragte Reinhold Robbe mahnte, dass zufällig ausgeloste Rekruten sich als Verlierer fühlen könnten.

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