Unionspolitiker fordern kurswechsel im umgang mit der afd

Mehrere einflussreiche vertreter der cdu und csu plädieren für eine normalisierung des umgangs mit der afd. Sie kritisieren die bisherige stigmatisierung und schlagen vor, rote linien neu zu definieren, um parlamentarische blockaden zu vermeiden. Dies geschieht vor den landtagswahlen im osten, wo die afd in umfragen stark ist.

Die afd setzt cdu und csu in umfragen massiv zu, einige erhebungen sehen sie sogar bundesweit als stärkste kraft. Vor den landtagswahlen im osten im kommenden jahr droht den christdemokraten ein debakel. Nun drängen namhafte unionsvertreter auf einen kurswechsel im umgang mit der rechtsextremen partei.

Der ehemalige cdu-generalsekretär peter tauber sagte dem »stern«: »Die derzeitige stigmatisierung hilft der afd nur noch.« Er plädiert für eine neue politik der roten linien, die es erlaube, beschlüsse zu fassen, denen die afd zustimmt, ohne dass bei jedem solchen fall »die nazikeule geschwungen wird«. Tauber, 51 jahre alt, fürchtet sonst parlamentarische blockaden wie zu ddr-zeiten und fordert eine vereinbarung aller parteien für einen neuen umgang mit der afd.

Karl-theodor zu guttenberg, ehemaliger bundesverteidigungsminister der csu, empfiehlt, minderheitsregierungen nach den wahlen im osten zu prüfen. »Das ist nie wünschenswert. Aber wer dieses szenario nicht bis zum ende durchdenkt, läuft gefahr, in eine falle zu tappen«, sagte er dem »stern«. Er betont: »Entzauberung gelingt nicht durch boykott.« Zu guttenberg fordert eine stärkere inhaltliche auseinandersetzung und hält am unvereinbarkeitsbeschluss der cdu fest, schlägt aber themenbezogene mehrheiten vor, möglicherweise mit afd-stimmen.

Der historiker andreas rödder, vorsitzender des unionsnahen thinktanks republik21 und ehemaliger chef der cdu-grundwertekommission, kritisiert: »Je höher man die brandmauer gezogen hat, desto stärker ist die afd geworden.« Wenn die afd rote linien einhalte und sich von rechtsextremen positionen abgrenze, sei es einen »demokratischen versuch wert, das gespräch zu suchen«.

Friedrich merz hatte zu jahresbeginn als oppositionsführer einen migrationsantrag mit afd-hilfe durchgebracht und kritik eingesteckt. Die unionsspitze hält offiziell an der ausgrenzung fest, der unvereinbarkeitsbeschluss verbietet koalitionen oder ähnliche zusammenarbeit. Im januar dieses jahres stimmte der bundestag einem unionsantrag zu strengerer migrationspolitik mit afd-stimmen zu, was kritiker als ende der brandmauer bezeichneten. Die ehemalige kanzlerin angela merkel mahnt im spiegel-spitzengespräch zu scharfer abgrenzung: Die afd unterscheide in volk und eliten und stelle vollwertige staatsbürgerschaft eingebürgerter infrage, »das stört die demokratie«.

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